Ruhland | Erstfassung 1.10.2022 UPDATE 3.2.2023


Vom Faustrecht im Schulzimmer und der Angst vor Lehrerfräuleins ...

Schule in Kopfing vor 150 Jahren: Geschichten vom "gehauten" Oberlehrer. Sorgen um die jungen Lehrerfräuleins.


Mit Jahresende 1774 wurde unter Maria Theresia eine allg. 6-jährige Schulpflicht an den sogenannten Trivialschulen eingeführt. 

  • In Trivialschulen wurden 3 (= Tri) Fächer unterrichtet: Lesen, Schreiben, Rechnen.
  • Die Organisation der Schule lag in den Händen der kath. Kirche (Pfarrer).
  • Noch um 1850 wurde im Innviertel die Schulpflicht von bedeutend weniger als der Hälfte der Schulkinder zur Gänze erfüllt.
  • Mädchen war der Besuch weiterführender Schulen verboten.

1869 kam die Verlängerung der Schulpflicht auf 8 Jahre, - die Trivialschulen wurden zu Volksschulen:

  • Die Klassenschülerhöchstzahl wurde mit 80 Kindern begrenzt. In den ein- bis zweiklassigen Volksschulen wurde mehrere Schulstufen in einer Klasse unterrichtet. 
  • Die disziplinären Probleme waren groß, nachdem erstmals (unverheiratete) Lehrerinnen in den Schulen eingesetzt wurden.
  •  Die Einführung der Fächer Handarbeiten (und damit die Einstellung von Handarbeitslehrerinnen) und Turnen (damit turnten nachmittags Kinder, wenn sie doch auf dem Hof dringend gebraucht wurden) regte viele auf.
  • Damit einhergehend sollte nun auch auf dem Land der Ganztagsunterricht eingeführt werden, die Verlängerung der Schulpflicht auf 8 Jahre war für viele Menschen unvorstellbar: Mit 14 Jahren auf der Schulbank - statt "in der Arbeit".
  • Deswegen kam es auch zeitweise zur Reduktion der Schulpflicht auf 7 Jahre.

Seit 1985 erst beträgt in Österreich die Schulpflicht 9 Jahre!


20.8. 1869 Linzer Volksblatt
20.8. 1869 Linzer Volksblatt

1869 regte zuerst die vom Reichsrat beschlossene 8-jährige Schulpflicht auf. Der Kopfinger Ortsschulrat erreichte mittels einer Petition einen Aufschub.

Zur selben Zeit nahmen jedoch in Kopfing auch die Raufereien überhand. Und als ein Schüler dem Oberlehrer schlug, wurde das zu einem medialen Aufreger: Wie sollte das weitergehen, wenn die Schuljugend im Turnunterricht körperlich noch mehr zu Angriffen dieser Art ertüchtigt werde?

Das "Faustrecht in Kopfing" wurde damals in den Zeitungen schon angeprangert. Sollte es nun auch in den Schulstuben Einzug halten?

 

9.7. 1872 Linzer Volksblatt
9.7. 1872 Linzer Volksblatt

Handarbeiten, Turnen und dazu Lehrerfräuleins in der Schule - das war neu und diese Veränderungen gaben den Kopfingern zu denken - die Leute damals konnten sich arbeitsfähige 14-jährige Burschen in der Schule wie auch junge Lehrerinnen in den Schulklassen nicht vorstellen.

Das ging - wie ganz oben im nebenstehenden Bericht erwähnt - gegen die Lebensweise ("Psychologie") und gegen den Glauben (siehe unten den Vers aus 1. Korinther, 14,34):

Denn "es sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet, zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert."

In den folgenden Jahren stellte sich der Ortsschulrat mit Petitionen gegen diese beabsichtigten Neuerungen wie "Erhöhung der Schulpflicht" (1875), Einführung des Ganztagesunterrichts (1878), 8-jährige Schulpflicht und Handarbeitsunterricht (1880) ...

Und es dauerte bis 1935, bis die auf 7 Jahre reduzierte Schulpflicht verpflichtend wurde.

Die Lösung (9.7.1872, Linzer Volksblatt) beinhaltete eine klare Botschaft:

Männer als Lehrer!

... doch 1903 (Linzer Volksblatt, 7. 10.) schien die Lage nicht besser geworden zu sein.

Nicht ein Schüler allein schlug den Oberlehrer, nein, er verprügelte ihn mit Hilfe seiner Mutter mit Stockhieben ...

Der Grund: Er sollte nachsitzen.


Vom Abriss und Neubau der Schule 1961/1962 - siehe:

Schule - Neubau und Abriss!

1949 hatte der Kopfinger Gemeinderat den Beschluss für den Neubau einer modernen Volksschule mit Turnsaal und Sportplatz gefasst. Reg. Rat Ludwig Körner war damals Schulleiter, - es sollte 13 Jahre bis zur Eröffnung 1962 dauern. Ab 1962 führte Kons. OSR Otto Straßl die Schule.