Ruhland | Erstfassung 27.11.2018 UPDATES 2.7.2023, 5.5.2024


Simon Stichlberger: Bader und Arzt!

Mehr als ein halbes Jahrhundert Gemeindearzt in Kopfing!

Stichlberger begann in Kopfing 1838 die ärztliche Betreuung als Bader im Baderhäusl und starb - wie imTotenbuch vermerkt - 1894 als "praktischer Arzt".


Das "Baderhäusl" (nach dem Besitzer auch "Schopfhäusl" Nr. 9 in Götzendorf) steht für die Anfänge des Gesundheitswesens in Kopfing.

Die Fotos:

Links das hölzerne Baderhäusl von Westen (um 1970) lässt den ursprünglichen Zustand erahnen. Manche erinnern sich noch an die schön bemalten Innentüren: Der hier in den 1950er-Jahren eingemietete Tierarzt Dr. Sinowatz war ein Hobbymaler und er bemalte alle Türen im Hausinneren selber.

Die Luftaufnahme rechts (1963) lässt noch die alte Holzfassade ohne Eternitverkleidung erkennen.

Links das Haus (1980er-Jahre) mit Eternit verkleidet.

Heute steht das Haus nicht mehr.

 

Das "Baderhäusl" ist mit den Namen Fink und Stichlberger verbunden:

 

1805 heiratet der Bader Anton Fink die Hebamme Theresia. 1806 verstirbt sie kurz nach

der Geburt ihrer Tochter; Fink heiratet 1807 noch einmal, der jetzt als "Chirurg        bezeichnete Bader verstirbt 1814 als "Chirurg" im 42. Lebensjahr.

1809 erhielt das Armeninstitut in Kopfing eine Unterstützung durch den Schärdinger           Pfleger k.k. Brandel - noch 1850 wird das Institut in den Sterbematrikeln erwähnt.

Von 1814-1838 bleibt Kopfing ohne ärztliche Betreuung.

 

1838 heiratete der Bader Simon Stichlberger seine aus Vichtenstein stammende Frau       Franziska. Er selbst stammte aus Haibach (geb. 26. 10. 1810). Im selben Jahr 1838         schrieb der oö. Landesausschuss für Kopfing die Stelle eines diplomierten Chirurgen           aus, die Stichlberger erhielt.

1842 wird Simon Stichlberger als Bader im Götzendorfer Baderhäusl bezeichnet.

1855 wird der Wundarzt Simon Stichlberger angegeben.

1875 scheint Stichlberger als Magister der Chirurgie auf.

1877 betreibt Simon Stichlberger auch das Apotheker-Gewerbe, Standort der Apotheke ist das Baderhäusl, im dem es auch eine kleine Krämerei gibt.

1888 feiert Simon Stichberge die goldene Hochzeit - und sichert noch immer (im 78.           Lbj. stehend) die ärztliche Betreuung in Kopfing ...

1894 stirbt Simon Stichlberger (84. Lbj.), - er blieb bis zuletzt als Arzt tätig. Im Totenbuch der Pfarre wird er als praktischer Arzt bezeichnet.

 

Erst 1924 konnte mit Dr. Rudolf Weißensteiner die Stelle eines Gemeindearztes wieder längerfristig besetzt werden!


Simon Stichlberger war der am längsten in Kopfing praktizierende Arzt! 
Von der Bestellung als Chirurg 
bis zur goldenen Hochzeit:

1838 heiratete Simon Stichlberger - er war schon vorher als Arzt (Bader) in Kopfing und  übte seit seiner Hochzeit das Chirurgengewerbe in Kopfing aus. Die Ausschreibung für die Anstellung als Chirurg verlangte Diplome über Prüfungen (Chirurgie, Geburtshilfe) sowie Zeugnisse über die bisherige Verwendung (Totenbeschau, Impfungen) und den Lebenswandel (Gesundheit, Moralität, Benehmen).       (Pfleggericht Vichtenstein, 31. Jänner 1838)

1888 (am 26. 7.) feierte Simon Stichlberger unter großer Beteiligung der Gemeinde die goldene Hochzeit - er stand im 78. Lj. und übte nach Zeitungsberichten (Linzer Volksblatt vom 29.7.1888)  noch immer den Arztberuf aus ...                                                        


Aus dem Besitz Stichlbergers kaufte der Kastrateur und Tierarzt Alois Hofbauer medizinische Bücher.

Jemanden "zur Ader lassen" ...

war seit dem Mittelalter die häufigste Behandlung für die Patienten. Foto: Links "Aderlasswerkzeuge", oben eines für Menschen, unten für Pferde (Nachlass Alois Hofbauer).

Der Aderlass sollte Blut (wie Schleim, schwarze und gelbe Galle einst als Körpersaft bezeichnet) abführen, um den Körper von schädlicher Flüssigkeit zu befreien; der Aderlass wurde fast bei allen Krankheiten angewendet, - nicht selten sogar zur Vorbeugung.

Der Aderlass wie das Schröpfen wurden schon vor Christi Geburt praktiziert - sie gehören zu den ältesten Therapien der Welt. Gegen 1900 verlor der Aderlass als Form ärztlicher Behandlung an Bedeutung. Die "Alternativmedizin" hat heute den Aderlass nach dem Vollmond zur Entgiftung und zur Blutreinigung wieder entdeckt...


Wahrscheinliche Patienten des Simon Stichlberger...

Der Häuslersohn Martin Grömer in Kühberg (Rasdorf 8) verstarb am 11. 11. 1892 lt. Totenbuch der Pfarre Kopfing an "Schleimkatarrh" (chronische Bronchitis mit Auswurf). Im Alter von 20 Jahren (!) war er schon bettlägrig geworden ...

Maria, eine Tochter vom "Kammerergut" in Engertsberg (verehel. Schwarz), erreichte das damals biblische Alter von mehr als 101 Jahren!


QUELLEN: anno.onb.ac.at, Heimatbuch Kopfing, Archiv Ruhland, Wolfgang Danninger;