Ruhland | Erstfassung 30.11.2016 | UPDATE 12.12.2018 / 2.7.2023


Mayr : Chauffeur und Verkehrskavalier

Die Mitfahrt in "seinem Postbus" war für viele Kopfinger die einzige Möglichkeit, in die Bezirksstadt Schärding zu kommen; den Kindern ermöglichte sie den Besuch der Hauptschule in Andorf oder Taufkirchen.


Herr Mayr:

In Freundlichkeit unübertrefflich!

 

Der Postbus - Chauffeur Matthias Mayr war nicht nur ein Verkehrskavalier.

Als Postbus-Lenker beförderte er die Kopfinger in die Bezirkshauptstadt Schärding sowie in die Schulen nach Andorf und Taufkirchen, er erledigte Behörden- und Botengänge und war an Sonntagen für manche Ausflugsgruppe Chauffeur und Reiseleiter zugleich. 


Matthias Mayr (16. 3. 1909 – 5. 1. 2006) war bei den Kopfingern als „Chauffeur Mayr“ oder „Herr Mayr“ bekannt. Die Anrede bekundet den Respekt für den „Zuagroastn“ (geboren in Traunkirchen, Bürgerschule und SchlosserLehre 1825 – 1928 in Gmunden), sich 1949 in Kopfing sesshaft machte. 
Sein Lebenslauf zeigt ein Leben mit dem „Auto“:

Knapp 50 Jahre lang war „Auto fahren“ sein Beruf: Seit 14. 4. 1929 arbeitete er beruflich als „Kraftwagenlenker“ – bis 1937 bei verschiedenen privaten Firmen, 1938 bis 1945 bei der Post- und Telegraphendirektion als Lenker eines Postautobusses (eingeschlossen harte Kriegsjahre in Russland – wieder als Fahrer). 1945 bis 1949 war er „ausgestellt“ und bei privaten Firmen tätig. Von 26. 2. 1949 bis zu seiner Pensionierung am Jahresende 1974 (im 66. Lbj.) war wieder die Post- und Telegraphendirektion Linz sein Dienstgeber und Postauto-Chauffeur sein Beruf.

70 Jahre lang saß er privat am Steuer. Im Alter von 90 Jahren wurde er vom OÖAMTC für straffreies Fahren geehrt. 

Matthias Mayr war weitum bekannt, und er wurde geschätzt für seine Höflichkeit, Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Höflichkeit lebte er selber und forderte sie auch von seinen Fahrgästen ein.

Schon Anfang der 50er-Jahre brachte ihm das einen Eintrag im „Spiegel der Höflichen“, wo die Leser einer Zeitung die Namen besonders höflicher Postbeamten eingeben konnten. Die Schlagzeile hieß: „In Freundlichkeit unübertrefflich!“1956 verlieh ihm das Kuratorium für Verkehrssicherheit den Ehrentitel „Verkehrskavalier“ - er war sogar Interviewgast in der Vorgängersendung zu „Autofahrer unterwegs“.

Er nahm es auch bei Schulkindern nicht hin, dass diese auf das Grüßen „vergaßen“. Auf diese Art Vergessliche begrüßte er gerne mit „Grüß Gott der Herr“ und wenn dieser Wink noch nicht half, dann forderte er auch ein „Guten Morgen, Herr Mayr“ ein.


Damals fuhr der Postbus um Viertel nach Fünf in der Früh von der Kopfinger Postgarage weg.

Schülerbeförderung

Manche Schülerinnen und Schüler hatten zu der Zeit schon zwei Stunden Gehweg hinter sich und kamen vor allem im Winter ziemlich durchnässt zur Abfahrtstelle. Es ging weiter nach Andorf oder Taufkirchen/P. in die Hauptschule - und der Schultag endete nach Ankunft bei der Postgarage um halb acht Uhr abends und einem oft langen Fußmarsch zurück ins Elternhaus, - bei jeder Witterung. Die Postbusse selber hatten 38 Sitzplätze und 12 Stehplätze. Da es aber kaum private Möglichkeiten gab, nach Andorf oder Schärding zu fahren, nahm Herr Mayr jeden mit, der an der Wartestelle wartete oder auf sich durch Handzeichen aufmerksam machte. 

Zu Stoßzeiten, zum Beispiel am Tag der Auszahlung der Arbeitslose in Andorf, drängten sich in den 50er-Jahren 100 und mehr Fahrgäste im Bus. Die hintere Tür konnte man da nicht mehr aufmachen und die Schulkinder saßen zu viert oder fünft auf zwei Sitzen. „Geht scho nu, steig' eam auf d’Zechn, dann wird wieder Platz“ - so sorgte der Chauffeur auch für das kompromisslose Nutzen aller Stehmöglichkeiten, - zurückgelassen wurde kein Fahrgast.

Botengänge

Alleingelassen wurden auch die Kopfinger nicht, die Besorgungen hatten und selber nicht mitfahren konnten. Die Hilfsbereitschaft des „Herrn Mayr“ wurde genutzt und für ihn waren diese Botengänge an Haltestellen selbstverständlich:  In Andorf bei der Apotheke kurz aus dem Bus, um die Blutegel zur Linderung der schmerzenden Krampfadern zu bestellen und ein paar Tage später nach Kopfing mitzunehmen. In Schärding beim Weyland eine Kette für den Stall besorgen und nach Kopfing zu bringen oder auf der Bezirkshauptmannschaft ein Motorrad anzumelden und die Nummernschilder mitzunehmen – heute undenkbar, bis in die 60er-Jahre Jahren selbstverständlich. 

Buslinie Kopfing - Schärding

25 Jahre befuhr „Schofför Mayr“ die Linie nach Schärding – auf damals nicht ausgebauten Schotterstraßen, bei jedem Wetter, bei schwierigsten Verhältnissen - vor allem im Winter.  Das Lenken eines Postbusses – eine Servolenkung gab es nicht – war übrigens auch körperliche Schwerarbeit. Vor allem die starke „Edtkurve“ von Kopfing hinab nach Mitterndorf (Diersbach) verlangte einiges an Lenkradkurbelei. Und der nicht gerade großgewachsene „Chauffeur Mayr“ stand bergab nicht selten auf und drehte am Lenkrad oder verkeilte sich bergauf zwischen Gaspedal und Lenkrad, um das „Hinunterschalten“ des PS-schwachen Motors zu verhindern…

Mit der Post auf Ausflug...

Mit dem Postbus wurden auch Ausflugsfahrten unternommen. 

Nicht wenige Ausflügler auch aus Kopfing kamen so erstmals zur berühmten (1936 eröffneten, heute denkmalgeschützten) Großglockner - Hochalpenstraße. 

Die Alpenstraße hinauf auf die Kaiser Franz-Josefs-Höhe ist 48 km lang und besitzt 36 Kehren, durch die der Höhenunterschied von 2.504 m überwunden wird.


QUELLE: Franz Mayr, Heimatbuch Kopfing;