Ruhland | Erstfassung 1.10.2022 UPDATE 3.2.2023 / 10.9.2024
... Beispielhaft ausgewählte Anmerkungen aus den Einträgen im Klassenbuch der 3. Klasse (Oberstufe) im Verlaufe des Schuljahres 1926/1927. Viele Schüler verbrachten nur wenige Tage im Unterricht, die Arbeit zuhause schien oft wichtiger, manche Schulkinder erlebten sehr schwierige häusliche Verhältnisse. Bei auffallend vielen Kindern werden körperlich Gebrechen angeführt: Sprachfehler, Schwerhörigkeit, körperliche Schwächen.
Drei Beispiele belegen, dass 50 Jahre nach der Einführung der Schulpflicht diese von vielen eher als Bürde denn als Chance gesehen wurde.
Der eher kurios anmutende "Sacktuch- Eintrag" hat das Elternhaus des Kindes im Blick.
Das fehlende Taschentuch war nur ein kleines Problem - siehe unten.
Die Einstellung der Eltern richtete sich nicht selten gegen die Anforderungen der Schule:
"Darf von den Eltern aus keine Aufgaben machen." "Macht liederliche Aufgaben oder gar keine." "Lernt nie ein Gedicht!" "Schimpft über den Lehrer!" "Wird von den Eltern zur Lüge erzogen!"
Die hygienischen häuslichen Verhältnisse werden sehr oft angesprochen, oft gehen sie einher mit Überforderung der Kinder daheim.
Kinder sind in der Schule nicht bei der Sache, teilnahmslos, müde - Einträge lesen sich so:
"Hält wenig auf Reinlichkeit." "Ärmlich und undordentlich gekleidet, zerrisssen" "Hat angeblich ????? keine Schuhe und Kleider. Aber zum Eisschießen schon." "Zuhause Not!" "Viele kleine Kinder im Haus!"
Muss zuhause arbeiten wie ein Knecht, körperlich heruntergekommen: Fehlt ständig.
Der Eintrag rüttelt auf - zeigt aber keinen Einzelfall:
"Wird zu Hause oft geschlagen und zu allen Arbeiten hergenommen." "Zuhause sehr arme Verhältnisse, hat nichts zu essen und ist daher wahrscheinlich aus Not zum Nehmen hingezogen."
Vereinzelt finden sich auch positive Einträge: "Äußerst lebensfroher Schüler, auch spitzbübisch!" "Weint bei jeder Gelegenheit, muss mit besonderem Zartgefühl behandelt werden!"
An schulischen Stärken werden vor allem angemerkt: "Kann gut auswendig lernen und Gedichte vortragen!" "Hat Interesse für Rechnen." "Kann sinnvolle Aufsätze schreiben!"
Mit Jahresende 1774 wurde unter Maria Theresia eine allg. 6-jährige Schulpflicht an den sogenannten Trivialschulen eingeführt.
1869 kam die Verlängerung der Schulpflicht auf 8 Jahre, - die Trivialschulen wurden zu Volksschulen:
Seit 1985 erst beträgt in Österreich die Schulpflicht 9 Jahre!
1869 regte zuerst die vom Reichsrat beschlossene 8-jährige Schulpflicht auf. Der Kopfinger Ortsschulrat erreichte mittels einer Petition einen Aufschub.
Zur selben Zeit nahmen jedoch in Kopfing auch die Raufereien überhand. Und als ein Schüler dem Oberlehrer schlug, wurde das zu einem medialen Aufreger: Wie sollte das weitergehen, wenn die Schuljugend im Turnunterricht körperlich noch mehr zu Angriffen dieser Art ertüchtigt werde?
Das "Faustrecht in Kopfing" wurde damals in den Zeitungen schon angeprangert. Sollte es nun auch in den Schulstuben Einzug halten?
Handarbeiten, Turnen und dazu Lehrerfräuleins in der Schule - das war neu und diese Veränderungen gaben den Kopfingern zu denken - die Leute damals konnten sich arbeitsfähige 14-jährige Burschen in der Schule wie auch junge Lehrerinnen in den Schulklassen nicht vorstellen.
Das ging - wie ganz oben im nebenstehenden Bericht erwähnt - gegen die Lebensweise ("Psychologie") und gegen den Glauben (siehe unten den Vers aus 1. Korinther, 14,34):
Denn "es sollen die Frauen in der Versammlung schweigen; es ist ihnen nicht gestattet, zu reden. Sie sollen sich unterordnen, wie auch das Gesetz es fordert."
In den folgenden Jahren stellte sich der Ortsschulrat mit Petitionen gegen diese beabsichtigten Neuerungen wie "Erhöhung der Schulpflicht" (1875), Einführung des Ganztagesunterrichts (1878), 8-jährige Schulpflicht und Handarbeitsunterricht (1880) ...
1935 wurde in Kopfing die auf 7 Jahre reduzierte Schulpflicht eingeführt.
Die Lösung (9.7.1872, Linzer Volksblatt) beinhaltete eine klare Botschaft:
Männer als Lehrer!
... doch 1903 (Linzer Volksblatt, 7. 10.) schien die Lage nicht besser geworden zu sein.
Nicht ein Schüler allein schlug den Oberlehrer, nein, er verprügelte ihn mit Hilfe seiner Mutter mit Stockhieben ...
Der Grund: Er sollte nachsitzen.
Vom Abriss und Neubau der Schule 1961/1962 - siehe:
1949 hatte der Kopfinger Gemeinderat den Beschluss für den Neubau einer modernen Volksschule mit Turnsaal und Sportplatz gefasst. Reg. Rat Ludwig Körner war damals Schulleiter, - es sollte 13 Jahre bis zur Eröffnung 1962 dauern. Ab 1962 führte Kons. OSR Otto Straßl die Schule.