Sachen. Namen. Volkskultur. Männersachen.

 Josef Ruhland 11/2020


Männersachen: Stiefelknecht, Perlhaub´m und Ochs´nzenn

Alle drei Alltagsgegenstände hatten mit dem Fortgehen zu tun, - und mit "Fortgehen" war früher der Besuch eines Wirtshauses gemeint: Der Stiefelknecht half einem aus den engen Lederstiefeln; trug der Wirt eine Perlhaub'm, so durfte er Bier ausschenken; und der Ochsenziemer war besonders bei rauflustigen jungen Burschen oft dabei: Es konnte sich ja 'was ergeben...


Ein Stiefelknecht war ursprünglich kein "kleiner Helfer" aus Holz, sondern ein junger Bursch aus Fleisch und Blut: Der half dem Bauern aus seinen Stiefeln ... 

Im Jahr 1866 wurde einer der ersten Stiefelknechte aus Holz (links auf dem Bild) gebaut, - er ist im Kulturhaus zu sehen. Damit konnte man ohne fremde Hilfe aus den engen (und oft noch mit Lumpen oder Papier ausgestopften) Stiefeln kommen!

Das geschnitzte Sonnenmotiv auf der Vorderseite und die Initialen des erzeugenden Handwerkers neben der Jahreszahl "1866" auf der Unterseite zeigen den Stolz auf einen der ersten Stiefelknechte in unserer Gegend...

Ein zusammenlegbarer Taschen-Stiefelknecht (in der Mitte des Fotos) fand problemlos auch im Kalier Platz und erlaubte es, auswärts etwa beim Wirt aus den feuchten Stiefeln zu schlüpfen.

Die übliche Machart eines Stiefelknechtes seit den 1920er-Jahren ist ganz rechts im Foto zu sehen. 


Die Perlhaub'm für Männer war eigentlich eine Haube für die Wirte: Sie hatte absolut nichts mit Restaurantbewertungen von "Gault Millau" und damit der Küche eines Wirtshauses zu tun. Die Perlhaub'm des Wirtes zeigte seine Berechtigung für den Ausschank von Alkohol. 

Der Schärdinger tubablasende Kultwirt und Mostdipf-Preisträger Heini Forstinger (+ 2006) hatte diese Haube wieder bekannt gemacht: Sie durfte bei keinem seiner Auftritte auch im Fernsehen fehlen!

Im Wirtshaus und auch in der oft mit einer Trafik verbundenen Flaschenbierhandlung durfte früher Alkohol verkauft bzw. ausgeschenkt werden.

Die Berechtigung dafür zeigt diese Wirtshaub'm. 


Der Ochs'nzenn wurde als das dem Stier abgenommene, getrocknete Geschlechtsglied (Ochsenziemer) zu einem weit verbreiteten Raufwerkzeug, das besonders von den Mitgliedern der Zechen verwendet wurde.

Blieb es bei der Benutzung während so genannter Brauchtumsraufereien wie z.B. beim Bremmelkirtag genannten Maikirtag ("Habt's die Bremmeln scho ausglass'n?") und bei Hochzeiten (wenn Fremde den Zödltanz der Zeche störten), wurde oft neben der Bierkrügen der einfache Ochs'nzen verwendet.

Für die Wirtshausraufereien ohne besondere Anlässe hatten die im Ort bekannten Raufer speziell hergerichtete Ochs'nzen parat: Da waren scharfe Rasierklingen, schwere Schrauben und andere Gebilde aus Blei eingearbeitet, die schwerste Verletzungen verursachen konnten.

Ein "Höhepunkt" der Wirtshausraufereien in Kopfing war in den Jahrzehnten vor 1900, die letzte große Rauferei war am Maikirtag 1926 beim Kirchenwirt: Die Kopfingerdorfer war mit der Aegidinger Zeche aneinander geraten, 3 Raufer mussten ins Krankenhaus gebracht werden, einer war durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt worden.