Sigharting 30 | selbständiger Wagnermeister


Am 6.4.1925 kaufte Großvater in Sigharting das Haus Nr. 30, zu dem eine einfache Wagnerwerkstätte und ein Holzlager gehörten. Der dort lebende Wagner war verstorben. Das Haus wurde schon um 1670 im Grundbuch als "Häusl im Pflegergarten nächst der Leithen" erwähnt.

Noch im April legte Großvater die Wagner-Meisterprüfung ab und ein Monat später wurde am 28.5.1925 Hochzeit gefeiert: Er heiratete Elisabeth, am 22.8.1894 geb. Wimmer.


1927 wurden Haus und Werkstätte elektrifiziert, als erste Maschine schaffte Großvater eine Bandsäge an.

Das Leben für unsere Großeltern war sehr hart: Die Bauern bezahlten ihre Rechnungen meist erst im Jänner des Folgejahres, und dann auch meist in Naturalien wie z.B, Mehl. Oft fehlte Oma sogar das Geld, um die beim "Pfleger" geholte Milch bezahlen zu können. Dazu musste sie sich als in Ried aufgewachsene "Großbürgerin" auf dem Land zurechtfinden. Aus Platzmangel musste sie unterhalb der Leiten, auf der Opa oft Schafe anstierlte, einen kleinen Gemüsegarten anlegen. Opa zimmerte ein hölzernes Gestell zum Schwemmen der Wäsche, was Oma erst lernen musste. Großvater schaute, dass daheim im Stall für den Lebensunterhalt immer zumindest eine Kuh und zwei Schweine gehalten wurden.

Großvater erwarb sich schnell einen guten Ruf durch sein handwerkliches Können und auch durch die gut funktionierende Zusammenarbeit mit dem benachbarten Wölfleder-Schmied.

Als "Zuagroaste" integrierten sich unsere Großeltern schnell ins Leben der Gemeinde. Schon 1929, vier Jahre nach dem Hauskauf, wurde Großvater zum Feuerwehrhauptmann gewählt und war in der Folge mehrere Perioden im Gemeindevorstand tätig. Großmutter engagierte sich im Pfarrleben.

Großvaters handwerkliches Meisterstück war der Leichenwagen von Diersbach.

Er schuf ihn 1928 für die Diersbacher Feuerwehr, die bis 1964 (!) für die Bestattungen in der Gemeinde zuständig war.

1958 durfte ich als Volksschüler staunend miterleben, wie er den inzwischen 30 Jahre alten Wagen renovierte: Er ersetzte viele gedrechselte Teile und lackierte den Wagen neu, der Berghammer-Sattler erneuerte den schwarzen Baldachin. Heute ist der Leichenwagen im Großraminger Kutschenmuseum zu sehen.


Fanni und Maria mit ihren Großeltern in der "alten" Stube (Oktober 1967)
Fanni und Maria mit ihren Großeltern in der "alten" Stube (Oktober 1967)

Oben v.l.: Einquartierung 1941 (Großeltern mit dem kleinen "Onkel Franz"), Josef und Franz 1936 mit Opa und Oma).

Unten v.l.: Opa 1972Oma 1973 in Kopfing, Opa 1977 auf der "Sunnbank" (daneben Harald).


Am 1.1.1956 hatte Papa das Haus und die Werkstätte übergeben bekommen.

Großvater verstarb am 19.8.1979, Oma am 9.8.1974.